"Was müsste in der Medienlandschaft strukturell verändert werden, um diese Vorschläge Wirklichkeit werden zu lassen? Alles! Es wäre zum Beispiel nötig, alle öffentlich-rechtlichen Anstalten durch die Abschaffung der Rundfunkbeiträge in die Insolvenz laufen zu lassen. Auf diese Weise könnten zunächst alle Mitarbeiter entlassen werden, ohne dass sich die Sender in langwierige Prozesse verstricken müssten. Dann würde man im Sinne des obigen Auswahlverfahrens einem Teil der besten Mitarbeiter befristete Stellen anbieten. Gleichzeitig müsste man die meisten redundanten Kostentreiber (viele Krimiserien, Schmonzetten und teure Fußballspiele) aus dem Programm nehmen und natürlich die Zahl der politischen Talkshows reduzieren und diese zudem drastisch reformieren. Selbstverständlich müssten auch die Luxuspensionen der ehemaligen Hierarchen auf faire Zahlungen reduziert werden.
Auf diese Weise könnte man - statt der gegenwärtigen 6.5 Milliarden - mit einem Budget von 500 Millionen für alle öffentlich-rechtlichen Anstalten leicht auskommen. Schließlich würde der bereits erwähnte demokratische Wahlprozess die temporär eingestellten Journalisten legitimieren oder eliminieren und neue Mitarbeiter in die Redaktionen bringen. Parallel müsste der oben angesprochene Werdegang und Auswahlprozess von Quereinsteigern ins Werk gesetzt werden.
Zusätzlich sollten aber auch mindestens 10 große Zeitungen und ihre Internet-Plattformen zu wirklich unabhängigen und qualifizierten Meinungsbildnern umgestaltet werden. Dies ist nur möglich, wenn ihnen die erdrückenden finanziellen Belastungen abgenommen werden, die heute qualitativ hochwertigen Zeitungsjournalismus immer schwieriger machen. Praktisch bedeutet dies, dass die Zeitungen entweder wie alle großen Theater, Opern und Konzerthäuser in Deutschland subventioniert werden oder ganz als öffentlich-rechtliche Zeitungen – so wie die oben beschriebenen neuen Rundfunk- und TV-Anstalten – betrieben werden. Auch die Personalauswahl sollte in der eben beschriebenen Weise erfolgen."
Zitat aus: Die Religion der Überkompensationen, Marc DeSargeau, FAGULON-Verlag 2021
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